zweite Woche 4

Leider war der Server, auf dem die Website gehostet ist, blockiert, deshalb konnte ich nicht mehr schreiben. Jetzt hat mein Kollege Hermann dankenswerterweise aufgeräumt, aber das Ipadprogramm, von dem ich geschrieben habe, hat sich aufgehängt. So wird es etwas schwieriger und vor allem zeitaufwändiger, einen Text mit Bildern hochzuladen. Deshalb kommt dieser Post erst so spät.

Ich habe noch gar nichts über das Wetter geschrieben. Angeblich gibt es hier vier Jahreszeiten am Tag, drei habe ich schon erlebt, leider noch keinen Sommer. Aber ein positiver Spruch hier lautet: If you don’t like the weather in Melbourne, just waite a minute. Wir hatten immer Glück bei unseren Exkursionen bei strahlendem Sonnenschein, aber sonst ist das Wetter wie bei uns im April teilweise sehr kalt und windig, sodass man bei einem Temperatursturz von 15 auf 7 Grad, der innerhalb kürzester Zeit eintritt, doch gelegentlich sehr friert, wenn man sich nicht entsprechend angezogen hat. Auf der Südhalbkugel ist ja alles andersrum, man fährt wie in England links, für mich ein Alptraum, weil ich immer in die falsche Richtung schaue, wenn ich als Fußgänger die Straße überquere und mehrfach Autos für mich bremsen mussten, und die Jahreszeiten konsequenterweise ebenfalls, d.h. je wärmer es wird, umso mehr zeigen die Geschäftsauslagen dick vermummte Weihnachtsmänner. Etwas spleenig kommt einem das als Europäer schon vor.

Am Mittwoch machte ich mich ebenfalls selbständig und besuchte das Melburn Museum. Diesmal war es wieder unangenehm kalt, zudem regnete es kräftig, als ich in der Stadt ankam, sodass ich eine halbe Stunde am Federationcenter, einem großen Museums-und Veranstaltungskomplex direkt an der S-Bahmstation, der sonst überaus belebt ist, warten musste.

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Am Melburne Museum angekommen, sah ich, dass auch andere mit dem Wetter kämpften. Angesichts des jüngsten verhinderten Terroranschlages in Deutschland emotional etwas verstellt, nahm ich die Menschenansammlung mit sehr gemischten Gefühlen wahr. Eine Gruppe von mehreren hundert muslimischen Männern, angeführt von einem mit Megaphon ausgestatteten Rufer und Sänger, trug grüne und rote Fahnen umher. Da ich mich nicht traute zu fotografieren, fragte ich einen in der Nähe stehenden Ordner, um was es sich hier handele. Der Mann, offenbar auch ein Muslim erklärte mir etwas, in dem das Wort Jesiden vorkam. Als ich ihn fragte, ob es sich um jesidische Menschen handele, verneinte er aber und meinte, es seien Sunniten. Ich denke, auch in dieser Hinsicht hat er sich getäuscht, denn der deutschen Tagesschau entnahm ich später, dass es zumindest auch in Deutschland ein großes schiitisches Fest gab, mit dem die Abspaltung von den Sunniten gefeiert wurde durch die Nachstellung einer entscheidenden Schlacht. Wenn man die Lage im Nahen Osten betrachtet, kann man daraus eigentlich nur schließen, dass der Islam da steht, wo die Christen im 30jährigen Krieg waren. Meine Vorbehhalte hinsichtlich der Frauenfeindlichkeit musste ich immerhin revidieren, als ich, nachdem sich der männliche Umzug etwas in den hinteren Park verlagert hatte, auch eine einen Reigen bildende Frauengruppe wahrnahm, alle in Plastikmänteln zum Schutz gegen den Regen. Plastikplanen statt Teppichen dienten auch einigen Männern zum Beten auf dem durchweichten Rasen. Selbst für Anhänger einer Religion, die durch den Mangel an Wasser gekennzeichnet ist, war es etwas zuviel, und Allah hatte es angesichts des Feiertages wohl etwas zu gut gemeint.

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Im Melbourne Museum erfuhr ich dann etwas über die Geschichte der Aborigines, für mich besonders interessant, dass astronomische Kenntnisse für sie wichtig waren. Auch teilen Sie mit den Deutschen bzw. den Germanen die Einteilung von Sonne und Mond in weiblich und männlich, sehr merkwürdig. Das Museum hat auch eine sogenannte Forest Gallery, die halb im Freien liegt, aber durch ein Gitternetz gegen den Rest der Umwelt gesichert ist. Hier sah ich einen sogenannten Bowerbird, einen Vogel, der seine Nisthöhle zur Anlockung von Damen mit glänzenden blauen Dingen verziert, sehr geschmackvoll.

img_2755Leider konnte ich auch hier nicht alles sehen, weil die Museen um 17 Uhr schließen. Über einen anderen Garten, in dem Cooks Cottage steht, ging ich zurück zur S-Bahn Flindersstreet. Cooks Cottage, wohl die Behausung des sagenhaften Captain Cook und eine berühmte Sehenswürdigkeit in Melbourne, war auch schon geschlossen.

Donnerstag traf ich mich mit Angelika am Immigrationmuseum. Man kann sich denken, was es dort zu sehen gab, und wir blieben auch nicht so lang. Anastasia, die Griechin aus München und jetzige Deutschlehrerin am Wesley College sagt ganz richtig: Wenn du Migrant bist, musst du dich anpassen. Das gilt für alle Länder. Australien ist wohl das bunteste Land, das man sich vorstellen kann, zumindest, was die Bevölkerung betrifft. Eigentlich besteht es fast nur aus Einwanderen, trotzdem ist man den Flüchtlingen hier sehr reserviert gegenüber. Auch rassische Vorurteile hat es schon Anfang des letzten Jahrhunderts gegeben, zu den Juden kamen die Juden des Ostens, die Chinesen. Es scheint auf der ganzen Welt das Gleiche zu sein und vermutlich kommen solche Impulse aus dem Stammhirn und sind nur schwer vom Großhirn unter Kontrolle zu bringen, eine gewisse geistige Anstrengung, die nicht jedermann aufbringt, gehört wohl dazu. Sue berichtete, dass unter australischen Politikern, die am meisten gegen neue Einwanderer waren, viele griechische Namen vorkommen. Die griechische Community ist hier besonders groß und es gibt sogar ein griechisches Museum mit antiken Ausstellungsstücken, das ich mir vielleicht noch anschaue, wenn Zeit dazu ist. Im Migrationsmuseum wurden auch katholische Gebräuche dokumentiert, die Italiener von den Liparischen Inseln mitgebracht haben. Zusammen mit meinem gestrigen Eindruck von der Feier des Schiitenfestes kommt man wohl nicht umhin zu sagen, dass gerade die Religion nicht unbedingt zur Anpassung beiträgt und im Gegenteil bestimmte nationale und ethnische Gruppen gegeneinander abgrenzt. Multikulti funktioniert wohl erst in einem Staat, in dem die Religion keine Rolle mehr spielt.

Wir gingen anschließend an der Südseite des Yarra River bis zu einem Yachthafen und hatten von dort wieder einen neuen Blick auf die Skyline von Melbourne.

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Von dort führen wir mit dem Bus nach St. Kilda, einem südlichen Stadtteil, der direkt am Meer liegt. Dieser Bereich ist sehr beliebt und so etwas wie ein Szene-Bezirk. Wir sahen viele junge Menschen am Strand, und vor allen Dingen gibt es hier auch noch anders als in dem Stadtteil, in dem Sue wohnt, sehr alte und ursprüngliche Häuser, die den Charme dieser Gegend ausmachen.

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Vom vorgelagerten Pier hatte man eine fantastische Aussicht auf die Innenstadt. Langsam wird auch mir die Schönheit von Melbourne bewusst.

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Dann trennten wir uns. Angelika musste zu ihrer Gastgeberin, ich verabredete mich noch auf ein Bier mit einer Deutschkollegin von Sue und ihrem Mann, die mitten in der Stadt in einem Hochhaus leben. Sie ist eigentlich Dolmetscherin und er Spediteur, sie haben in Deutschland und Libyen gelebt und sind schließlich hier hängengeblieben und fühlen sich wohl. Auch sie hatten ein Haus in einer dieser Eigenheim-Vorstädte, aber ihr Hunger auf Kultur hat sie in die Stadt gebracht. Jetzt wohnen sie nur ein paar Schritte von der Staatsgalerie, dem Staatstheater und mehreren Konzerthallen, alles wirklich zu Fuß in wenigen Minuten erreichbar. Sie ist Tochter eines Opernsängers und gerade als Statistin mit Proben für den Ring von Wagner beschäftigt, der im November hier aufgeführt wird !!!!!! Ich bin untröstlich, dass ich dieses Ereignis um einen Monat verpasse, zumal sie mir verbilligte Karten hätte besorgen können. Ich war auch sehr gespannt auf Ihre Wohnung im 22.Stock, wirklich das Kontrastprogramm zu Sue. Von ihrem Schreibtisch sieht man den Shrine of Remembrance als gelb angestrahltes Gebäude in der Nacht. Kurz darauf war ich wieder auf dem Weg zur S-Bahn und hatte den Blick auf die Skyline von unten.

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